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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Artikel: Mathilde – Eine große Liebe



DrunkenSheep
01.04.2011, 09:34
B0007QN8BA

Regie: Jean-Pierre Jeunet
mit: Audrey Tautou, Gaspard Ulliel, Jodie Foster
Originaltitel: Un long dimanche de fiançailles
IMDB link (http://www.imdb.com/title/tt0344510/)

Trailer:

http://www.youtube.com/watch?v=VTkK3oG5CAs

Story:
Der 1. Weltkrieg ist aufreibend und jeder Franzose wird gebraucht, um in den Schützengräben sein Vaterland gegen die Deutschen zu verteidigen. Deshalb wird auch der jugendliche Manech eingezogen, seine große Liebe Mathilde mit einem Verlobungsversprechen hinter sich lassend. Als der Krieg endet und Manech nicht heimkehrt befürchten alle das Schlimmste, nur Mathilde glaubt fest daran, dass er noch lebt. Sie macht sich auf die Suche nach ihm. Ihre einzige Information ist, dass Manech zu einer Gruppe Soldaten gehörte, die exekutiert werden sollten...

Kritik:
Dass Krieg schonungslos die fiesesten menschlichen Gefühlsregungen auslöst und dabei Menschen(-leben) zerstört, ist bekannt. Dass die Liebe und die Hoffnung im Extrem zu solcherlei Gefühlen steht, ebenso. Ein Film, der die Suche nach einem geliebten Menschen in Kriegs und Nachkriegszeiten thematisiert, muss demnach beide Enden dieser Skala vereinen, ohne dabei auf die eine oder andere Seite abzurutschen, da er sonst entweder zu negativ (wenn man das beim Krieg sagen darf) oder zu schnulzig wird. Genau diesen Spagat schafft Jean-Pierre Jeunet in seinem typischen Stil und webt dabei auch gleich noch eine Detektivgeschichte ein, die für Spannung sorgt. Die Mischung aus Liebesgeschichte und Kriegsfilm ist jeunettypisch zwar immer an der Grenze zum Kitsch, überschreitet sie aber nie sondern spielt damit. Die schon fast krampfhaft optimistische Mathilde bietet zu jeder Zeit das Gegenstück zu der Tristess des Krieges und auch zu den Personen um sie herum, die Manech fast allesamt aufgegeben haben.
Die Story spielt auf zwei Ebenen. Einmal ist da die Gegenwart (1920), in der Mathilde ihre Nachforschungen anstellt und nach und nach herausfindet, was mit Manech passiert ist. In Rückblenden wird dieses Geschehen dann immer wieder gezeigt und der Zuschauer wird in die trostlose Umgebung eines Schützengrabens im 1. Weltkrieg geworfen, in dem die Dinge ihren Lauf nehmen. Bruchstückhaft wird so die zweite Ebene zusammengesetzt und die erste Ebene vorangetrieben, bis das Puzzle vollständig gelöst ist. Das klappt wirklich super, da man bis zum Ende mitfiebert, weil es immer noch Kleinigkeiten gibt, die man sich nicht selbst zusammenreimen kann. So durchziehen die Kriegswirren des 1. Weltkrieges nicht nur die Teile des Films, in denen er dort spielt, sondern auch die gesamte Nachkriegszeit und zeigt so die Auswirkungen auf die Daheimgebliebenen, die wenig bis nichts über ihre Angehörigen wissen oder jemals in Erfahrung bringen werden.
Man muss dem Film schon genau folgen um nicht aus der Handlung geworfen zu werden, denn durch die französischen Namen und die sich teilweise ähnelnden Protagonisten kann man schon durcheinanderkommen. Zuletzt wartet aber die stimmige Auflösung.
Damit man nicht von dem ernsthaften Thema erdrückt wird, wurden wieder viele skurile Charaktere eingebaut, die das ganze aufheitern.

Nicht nur die Geschichte trägt die Handschrift Jeunets, auch die Inszenierung ist ganz und gar von ihm geprägt. Wie schon bei "Die fabelhafte Welt der Amelie" kommt es dem Zuschauer vor, als befände er sich in einem Traum. Überhaupt findet man viele Stilelemente aus diesem Film wieder, was nicht verwunderlich ist, denn die Crew hinter der Kamera hat größtenteils auch schon an "Amelie" mitgewirkt. Die Bilder gehen auch hier wieder in Richtung Kitsch, da dieser Stil aber so konsequent umgesetzt ist, wird die Grenze zur Peinlichkeit oder zur Konstruktion niemals überschritten. Sowohl die malerischen Bilder aus der Bretagne als auch die Szenen in der Tristess der Weltkriegsschlachtfelder fügen sich zu einer starken Atmosphäre zusammen, in die ich wie schon bei Amelie sofort reingezogen werde.
Es wurde viel mit Weitwinkelaufnahmen gearbeitet und der Einsatz von gelblichen Farbfiltern für die Gegenwartsszenen trägt mit dazu bei, die Gegensätze zwischen hoffnungslosen Kriegshandlungen und dem ungebrochenen Optimismus von Mathilde zu veranschaulichen. Die Kriegsszenen sind sehr farbarm gehalten und enthalten deutlich mehr Action als die Gegenwartsszenen. Durch das deutlich erhöhte Budget gegenüber "Amelie" konnte hier aus den Vollen gegriffen werden, Granaten explodieren und Kugeln pfeifen andauernd durch die Szenen.

Die Schauspieler sind größtenteils bereits aus "Amelie" bekannt. Allen vorran natürlich Audrey Tautou, die hier die schwere Bürde trägt, dass ihr Charakter eine körperlich leicht behinderte Person ist. So etwas realistisch darzustellen und dabei nicht zu übertreiben ist denke ich eine Herausforderung, und die hat Tautou bravourös gemeistert. Auch sonst haucht sie ihrem Charakter den kindlich naiven Charme ein, den sie schon bei "Amelie" verkörpert hat und mir fällt spontan kein anderer SchauspielerIn ein, der diesen Typ von Charakter so perfekt spielen kann.
Die anderen Rollen sind ebenfalls gut besetzt und tragen ihren Teil dazu bei, dass der Film einen Hauch von Comedy mitbringt, der wie gesagt höchst nötig ist, um die Schwere des Themas etwas abzumildern.

Fazit:
All diese Punkt formen sich zu einer -zumindest beim ersten mal - fesselnden Detektivgeschichte, die durch die Hoffnungskomponente in bester Jeunetmanier träumerisch-romantisch ist, ohne in den Kitsch abzurutschen. Wer an "Die fabelhafte Welt der Amelie" das Liebesthema und die Inszenierung mochte, für den ist dieser Film Pflichtprogramm.

Von mir gibt's 8,5/10 roten Wollhandschuhen

SaintHuck
01.04.2011, 09:50
Hört sich sehr interessant an - wird vorgemerkt :)