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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Artikel: The Wrestler (R: Darren Aronofsky, D: Mickey Rourke)



Usul
12.03.2011, 00:09
Nun gut, ich habe drüben ja nicht viele Review-Threads gestartet, aber einige wenige Filme liegen mir so sehr am Herzen, daß ich sie einfach mal rüberretten möchte. Den Anfang macht:

B002880H4Q

Regie: Darren Aronofsky
Darsteller: Mickey Rourke, Evan Rachel Wood, Marisa Tomei et al.
VÖ-Jahr: 2008
IMDB (http://www.imdb.com/title/tt1125849/) - OFDB (http://www.ofdb.de/film/154942,The-Wrestler---Ruhm-Liebe-Schmerz)

Trailer:


http://www.youtube.com/watch?v=m35AkuQNfZM


Filmkritik (Nach dem Kinobesuch verfaßt im März 2009):

Randy "The Ram" Robinson (Mickey Rourke) war in den 80er Jahren der unumstrittene Star der Wrestling-Szene und auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft. Von seinem Kampf gegen den "Ayatollah" spricht man in der Szene auch nach über 20 Jahren noch als einen der besten Kämpfe überhaupt.

Angekommen in der Jetzt-Zeit, arbeitet Randy unter der Woche in einem Supermarkt und steht an Wochenenden immer noch im Ring... allerdings nicht im großen Madison Square Garden, sondern in lokalen Schulhallen und anderen wenigen glamourösen Schuppen. Er ist gezeichnet von den ganzen Jahren des Raubbaus am eigenen Körper - Drogen und Aufputschmittel en masse inklusive. Kurz gesagt: Den Übergang aus dem Wrestler-Star-Dasein in ein eher "normales" Leben - wie z.B. der Ayatollah mit seinem Autohaus - hat er nicht geschafft. Stattdessen lebt er in einer heruntergekommenen Wohnwagen-Siedlung, wo er die Miete nicht immer zahlen kann, macht Deppenarbeit im Supermarkt, vertreibt seine Zeit in der Nacktbar, wo er sich besonders an Tänzerin Cassidy (Marisa Tomei) erfreut und hat gar keinen Kontakt mehr zu seiner mittlerweile erwachsenen Tochter Stephanie (Evan Rachel Wood).

Als er in dieser recht trostlosen Zeit die Nachricht bekommt, daß es zu einem Re-Match mit dem Ayatollah kommen wird, macht er sich Hoffnungen, daß das der Weg zurück an die Spitze des Geschäfts sein könnte. Leider macht ihm das Schicksal aber wieder einen Strich durch die Rechnung: Nach einem besonders heftigen Match erleidet er einen Herzinfarkt und bekommt einen Bypass verpaßt. Es sieht ganz so aus, als ob seine Wrestling-Karriere endgültig zu Ende ist... und er beginnt recht zaghafte Versuche, sein verkorkstes Leben einigermaßen wieder in den Griff zu bekommen. Ob das gut geht?


Das mit dem Herzinfarkt habe ich bewußt nicht in Spoiler-Tags gesetzt, denn die Story in diesem Film ist relativ nebensächlich - zumal sie im Filmverlauf auch schnell vorhersehbar wird.
Die größte Stärke des Films sind eindeutig die Schauspieler - das sieht man auch daran, daß der Regisseur Darren Aronofsky sich bei diesem Film, anders als in seinen früheren Werken wie etwa Pi oder Requiem for a Dream, mit avantgardistischen Kniffen extremst zurückgehalten hat. Anders ausgedrückt: "The Wrestler" ist erstaunlich konventionell geraten, was die filmische Umsetzung angeht. Einzig die Kameraarbeit, die oft gekonnt die Verfolgerperspektive einsetzt und den Zuschauer häufig hautnah ins Geschehen versetzt, wirkt modern.

Aber wie gesagt, angesichts der Schauspieler - zumindest der beiden Hauptdarsteller - ist das so nebensächlich wie nur irgend möglich (oder vielleicht gerade deswegen so passend).
Zu nennen wäre da zum einen natürlich die Oscar-nominierte Marisa Tomei, die die mitfühlende und würdevolle Stripperin im mittleren Alter bewundernswert mutig und gekonnt darstellt. Daß sie für ihr Alter immer noch blendend aussieht, macht diese Rolle natürlich etwas leichter. http://www.dvdboard.de/forum/images/smilies/wink.gif

Doch ganz und gar eindeutig trägt Mickey Rourke (ebenfalls für den Oscar nominiert) diesen Film. Über die Parallelen zwischen der Figur, die er spielt, und seinem eigenen Leben wurde schon viel zu viel geredet, deswegen werde ich nicht darauf eingehen. Ich werde auch nicht auf die ganzen Miesmacher eingehen, die meinen, sein Aussehen, insb. sein Gesicht, zum Hauptaugenmerk ihrer Kritik machen zu müssen - warum auch immer. Fakt ist, daß Mickey Rourke hier mindestens seine beste Leistung in den letzten 20 Jahren abgibt - wenn nicht gar seiner gesamten Karriere.
Insb. in den 80er Jahren konnte er in einer Reihe von Filmen begeistern, indem er mit einer unverschämten Leichtigkeit, aber mit einer unvergleichlichen Intensität geradezu teuflisch gute Leistungen bot. Im Gegensatz zu diesen Filmen meint man aber bei "The Wrestler" die körperliche Arbeit, die er auch nach eigenem Bekunden hineinstecken mußte, in jeder Sekunde zu spüren - und das ist das Besondere an seiner Leistung in diesem Film. Man fühlt einfach mit diesem Wrack mit - nicht zuletzt dank der Tatsache, daß er in vielen, teilweise hammerharten Kampfszenen selbst in Aktion tritt. Aber auch in den Szenen außerhalb des Rings, wo es weniger um die körperlichen Schmerzen als vielmehr um den seelischen Ballast geht, glänzt Mickey Rourke mit einer rührenden und zugleich fesselnden Perfektion. Beispielhaft sei hier die Szene genannt, in der er sich unter Tränen seiner Tochter öffnet.

Langer Rede kurzer Sinn: Mickey Rourke ist dieses Jahr so Gott wie es Daniel Day Lewis letztes Jahr war. http://www.dvdboard.de/forum/images/smilies/wink.gif

Frage des Jahres: WIE GUT muß Sean Penn eigentlich gewesen sein in Milk, um den Oscar zu bekommen, wenn Mickey Rourke ihn für diese phänomenale Leistung nicht erhalten hat???

Note: Subjektive 10 von 10 Punkten für einen traurigen Film, der traurig macht und den man ohne Probleme mehrfach anschauen kann, da die Story nicht der Rede wert ist und man sich nur am Schauspiel erfreut. http://www.dvdboard.de/forum/images/smilies/vote_yes.gif