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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Vorgehen des Vermieters rechtens?



-ju-
07.12.2012, 12:24
Hallo,

meine Eltern haben Probleme mit ihrem Vermieter und haben mich darum gebeten, herauszufinden, ob das Verhalten des Vermieters rechtens ist, ich bin da nur leider auch überfragt und wollte nun wissen, ob von euch vielleicht jemand Bescheid weiß.

1. Auf dem Dachboden bei meinen Eltern steht seit über 4 Jahren eine Matratze, seitdem sind mehrere Mieter ein und ausgezogen, für die Matratze hat sich der Vermieter nie interessiert, jetzt schreibt er plötzlich einen Brief, dass derjenige dem die Matratze gehört diese entsorgen soll, sonst würde er eine Firma beauftragen, die diese entsorgt und die Kosten würden auf alle Mieter umgelegt werden. Nur vermutlich wohnt derjenige, dem die Matratze gehört, schon überhaupt nicht mehr im Haus. Ist das rechtens?

2. Ein Nachbar meiner Eltern hat eine neue Frau kennengelernt und geheiratet (diese hat sich auch beim Vermieter über die Matratze beschwert), diese Partei wohnt zwei Etagen unter meinen Eltern, dazwischen wohnt schon seit über 30 Jahren ein alter Mann, nennen wir ihn einfach mal Herr A.

Herr A ist schwerhörig und hat deshalb manchmal den Fernseher etwas laut, allerdings nicht übertrieben laut, so dass es weder meine Eltern obendrüber noch seinen direkten Nachbarn nebenan stört. Die neue Frau von dem Nachbarn unten, beschwert sich nun beim Vermieter, dass Herr A zu laut Radio und Fernsehen schaut, seine Waschmaschine (das Haus hat keine Waschküche, daher ist Waschen nur in der Wohnung möglich) zu laut schleudert, Herr A in seiner Wohnung herumläuft (:wiebitte:) und sie sich dadurch gestört fühlt und sie deshalb nun die Miete um 80 EUR kürzt.
Herr A bekommt einen Brief des Vermieters dem auch eine Auflistung der Zeiten, zu denen es laut war, anhängt, ausserdem steht drin, er solle nun jeden Monat 80 EUR mehr Miete zahlen, da die Nachbarin aufgrund seiner Lautstärke die Miete gekürzt hätte.

Darf man sowas so einfach? Wenn es keinen anderen stört, dann scheint es ja nicht so schlimm zu sein und die Frau ist einfach überempfindlich, vor allem sich darüber zu beschweren, dass jemand in seiner Wohnung rumläuft, ist wohl etwas übertrieben, was soll er denn machen, schweben?
Ihr Mann wohnt auch schon seit fast 20 Jahren da und in den 20 Jahren hat ihn das alles nie gestört, er duzt sich sogar mit Herrn A und Herr A ist nicht plötzlich lauter geworden, sondern hatte auch schon vor 10 Jahren, als ich auch noch in dem Haus wohnte, den Fernseher mal etwas lauter, aber auch mich hat das nie gestört, war auch nie nachts, sondern immer tagsüber.
Darf man einfach so ohne Vorwarnung die Miete wegen Lautstärke erhöhen?


Ich weiß, dass das hier keine Rechtsberatung ist, aber vielleicht hat ja jemand von euch schonmal ähnliches erlebt.

Vielen Dank schonmal.

Gruß, ju

Trent_R
07.12.2012, 13:48
Grundsätzlich hat man sich an das zu halten, was im Mietvertrag steht. Unter anderem findet man dort üblicherweise die Klausel, dass zu bestimmten Zeiten Rundfunksempfangsgeräte nur mit Zimmerlautstärke betrieben werden dürfen. Gleiches gilt für Waschmaschinen etc. Wenn Herr A also nicht unbedingt um Mitternacht die Maschine anwirft, sollte man ihm nichts können. Wohngeräusche (also z.B. das Umherlaufen mit Straßenschuhen) sind erlaubt. Wenn es aufgrund dieser Probleme gibt, hat der Vermieter für eine bessere Trittschalldämmung zu sorgen (deren Kosten er natürlich wieder auf die Mieter umlegen kann).

Ansonsten kann der Vermieter Herrn A. auf die zu hohe Lautstärke hinweisen, ihn bei entsprechender Beweislage auch abmahnen und bei wiederholten Verstößen nach Abmahnung auch rauswerfen. Allerdings sind Abmahnungen allein aufgrund der Aussagen von anderen Mietern ungültig.

Mietkürzungen darf der Vermieter überhaupt nicht auf andere Mieter umlegen. Das klingt schon ziemlich nach Selbstjustiz.

Diese Infos habe ich mir aus dem Netz zusammengetragen, z.B. von hier (http://www.womenweb.de/vorlagen/forum.asp?modul=9&nrt=190364&nrr=121), wo sie in der Antwort auch auf die entsprechenden Urteile verweisen.

goemichel
07.12.2012, 14:09
jetzt schreibt er plötzlich einen Brief, dass derjenige dem die Matratze gehört diese entsorgen soll, sonst würde er eine Firma beauftragen, die diese entsorgt und die Kosten würden auf alle Mieter umgelegt werden. Nur vermutlich wohnt derjenige, dem die Matratze gehört, schon überhaupt nicht mehr im Haus. Ist das rechtens?Das könnte rechtens sein.

Grundsätzlich umlegbar ist alles, was in der Betriebskostenverordnung (http://www.gesetze-im-internet.de/betrkv/__2.html) aufgeführt ist - sofern das im Mietvertrag vereinbart wurde(!).
Die Entsorgung der Matratze könnte unter die Nr. 8 (Kosten der Straßenreinigung und Müllbeseitigung) fallen.

Das mit der Mieterhöhung wg Lärm ist garantiert nicht möglich.
1. hat sie der Vermieter wegen der Mietminderung mit der Dame auseinanderzusetzen.
2. kann er allenfalls verlangen, dass Herr A sich ordnungsgemäß verhält. Tut Herr A das nicht, kann er auf Unterlassung klagen (§ 541 BGB) oder aber unter bestimmten Voraussetzungen kündigen (§ 543 Absatz 3 BGB).

-ju-
07.12.2012, 14:49
Vielen Dank schonmal für eure Antworten.

zu 1: Betriebskosten sind aber doch nur regelmäßig anfallende Kosten, oder? Meine Eltern wohnen jetzt 28 Jahre in der Wohnung, in den 28 Jahren musste der Vermieter jedoch noch nie irgendwelchen Sperrmüll entfernen lassen, dann kann man kaum von regelmäßig anfallenden Kosten sprechen. Es kam in der Zeit zwar mal vor, dass jemand einen Teppich auf dem Dachboden liegen lassen hat, als er auszog, aber da hat sich immer mein Vater um die Entsorgung gekümmert, was er wohl auch jetzt bei der Matratze machen wird, habe gerade mit ihm telefoniert und er will jetzt den Sperrmüll anrufen und sich selbst darum kümmern. Also ist das Problem wohl schonmal erledigt, trotzdem habe ich das Gefühl, dass die Androhung der Umwälzung der Kosten nicht richtig sein kann.

zu 2: Kann man denn auf Unterlassung verklagt werden, wenn das ganze nur die subjektive Meinung einer Mietpartei ist? Die direkten Nachbarn von Herrn A sagen nämlich dass sie teilweise tagelang überhaupt keine Geräusche von nebenan hören und schon mehrfach bei Herrn A deshalb geklingelt haben, weil sie dachten, er sei gestorben, weil es so ruhig war. Auch ist der Fernseher, wenn er denn mal laut ist, nie nachts, abends oder am frühen morgen laut, sondern immer nur tagsüber und gewaschen wurde auch nur ausserhalb der Ruhezeiten. Kann man Herrn A da überhaupt was?

goemichel
07.12.2012, 14:57
Auf subjektive Empfindungen hin kann man zwar verklagt, aber nicht verurteilt werden... ;)

Wg. Betriebskosten: in der BetrKV steht nichts von "regelmäßig anfallend".

Trent_R
07.12.2012, 15:02
Zu 2: Eben nicht. Da es keine Waschküche gibt, werden wohl alle Parteien eine Waschmaschine in ihrer Wohnung betreiben und die entsprechenden Geräusche verursachen. Solange die Ruhezeiten nicht verletzt werden, sollte Herr A. auf der sicheren Seite sein. Und die ganze Sache ist zwischen Vermieter und Mieter zu klären, d.h. auch wenn andere Mieter den Vermieter auf einen Missstand aufmerksam machen, muss er sich die Beweise für eine entsprechende Abmahnung/Klage selber besorgen. Wäre ja sonst zu einfach, die ungeliebten Nachbarn loszuwerden.
Zu 1: Zu den Betriebskosten gehören auch unregelmäßig anfallende Tätigkeiten wie Modernisierungen und z.B. die Renovierung der Balkone, die auf die Mieter aufgeteilt werden. Also kann man die Entsorgung der Matratze auch zu solchen Aktionen zählen.

Ich denke, die Juristen hier im Forum können das aber besser belegen.

-ju-
07.12.2012, 15:16
Das mit dem regelmäßig anfallend, habe ich in einem Urteil zu dem Thema gelesen, nämlich dass Kosten für Entrümpelungen nur dann als Betriebskosten gelten, wenn sie regelmäßig anfallen.

Aber ok, dann kann ich dem Nachbarn von meinen Eltern sagen, dass er die 80 EUR keinesfalls bezahlen soll. Der ist total aufgelöst, weil er wohl schon seit seiner Kindheit in Wohnungen von dem Vermieter (ist eine Rentei) wohnt und jetzt nach 80 Jahren kommt sowas.

baustelle100a
08.12.2012, 05:12
OK, mal in Kurzform, welils noch früh am Morgen ist. :)

zu 1. Die Kosten sind komplett auf alle Parteien umlagefähig (egal ob der Müll den Bewohnern gehört oder nicht), allerdings ist der Vermieter an das Prinzip der Wirtschaftlichkeit gebunden. Wenn es z.B. eine Sperrmüll-Abrufkarte mit kostenloser Entsorgung gibt, muss er die nutzen und darf nicht einfach einen Container/Firma bestellen. Umlagefähig sind auch die Kosten für die Person, die den Sperrmüll aus dem Haus trägt, sprich Stundenlohn +++Fällt unter sonstige Betriiebskosten.

Dazu höchstrichterliches Urteil: BGH VIII ZR 137/09

zu 2.
Solange Herr A. nichts anstellt, was sich außerhalb der Grenzen einer üblichen Wohnungsnutzung bewegt, kann er tun und lassen, was er will. An die Ruhezeiten ist er gebunden, stehen im Mietvertrag andere Zeiten als durch Gemeindeordnung geregelt, gilt letzteres.
Herumlaufen (selbst mit Stöckels auf Parkett), Waschmaschine etc. gehört zur üblichen Nutzung.
In der Beweispflicht ist derjenige, der sich gestört fühlt.
(Übrigens können auch alle anderen Mieter eine Mietminderung vornehmen, wenn es einen Beschwerde-Idioten im Haus gibt - wegen permanenter Störung des Hausfriedens durch den Idioten). Das Verhalten des Idioten ist ebenfalls abmahnfähig bzw. kann auf Unterlassung geklagt werden.
Der Idiot kann zwar vom Vermieter einen Einbau einer besseren Trittschalldämmung verlangen...der Vermieter muss dem aber nicht nachkommen, sofern das Haus bei Bau bzw. Modernisierung den damals gültigen Bestimmungen entsprach (Bestandsschutz).

ACHTUNG: Kosten/Einnahmeverluste durch eine berechtigte Mietminderung können dem Verursacher in voller Höhe auferlegt werden, sofern er nachweislich dafür verantwortlich ist.

Allerdings mal eben Brief mit Mieterhöhung schicken, weil Nachbar die Miete mindert, ist nicht. Auch wenn da 10 Seiten mit Uhrzeiten dranhängen, interessiert das niemanden.
Vor der Mieterhöhung muss es auf jeden Fall vom Vermieter ein Schreiben geben, in welchem der Verursacher aufgefordert wird, sein Verhalten abzustellen. Das mit Fristsetzung und Ankündigung weiterer Schritte incl. der Feststellung, dass alle Kosten aus einer möglichen Mietminderung...bla...bla.
Der Vermieter ist hier in der Beweispflicht, diese sind dem Schreiben beizugeben.
Der Verursacher muss auf dieses Schreiben reagieren...entweder durch Änderung des Verhaltens oder durch Zurückweisung. Letzteres zwingt den Vermieter in den Klageweg, will er seine Interessen (bzw. die des sich Gestörten) durchsetzen.
Weist der ( ungerecht beschuldigte) Verursacher das Schreiben nicht zurück, hat er das Problem, dass das Schreiben des Vermieters ihm im Wiederholungsfall einer Beschwerde den Hals bricht. (Schuldanerkenntnis). Jetzt dreht nämlich die Beweislast und der zu Unrecht beschuldigte Verursacher muss beweisen, dass er sich in der Wohnung entsprechend den vereinbarten Gepflogenheiten benommen hat.
Das nicht zurückgeweíesene Schreiben kann der Vermieter sogar bei einer Klage als Beweismittel nutzen..(klingt verrückt, ist in Germany aber so)...liebes Gericht, seht hier, er war es, sonst hätte er es doch bestritten.

Mir ist inzwischen leider der Haus- und Hofjurist "abhanden gekommen", sonst wär das hier ausführlicher geworden.

Gruss Kerstin

-ju-
08.12.2012, 09:15
Vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort, dann teile ich meinen Eltern das mal so mit, ich denke, dann haben sie genug Informationen, um da jetzt was zu machen.

Danke euch allen. :)