PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Möglicher Betrug beim Hauskauf...



Stromii
29.08.2012, 19:07
Hallo zusammen!

Hintergrund: Wir haben ein nettes Haus zu einem vernünftigen Preis erworben. Im Exposé ist schriftlich festgehalten, dass "die Heizungsanlage ... im Jahr 2009 komplett erneuert" wurde. Dies wurde uns auch mündlich bestätigt (obwohl auf dem Kessel steht "Baujahr 1991" - das Haus ist nachweisbar von 1994). Nun sagte uns der Schornsteinfeger, dass die Anlage sehr wahrscheinlich aus einem alten Bestand in das Haus eingebaut wurde. Der Brauchwasserkessel ist von 2011.

Jetzt ist die Frage: Was tun...

Dankbar für brauchbare Ratschläge,
Stromii

prenz
29.08.2012, 19:50
Schwierige Situation - Angaben in Exposes sind normalerweise unverbindlich (z.B. "aufgrund ungeprüfter Angaben des Auftraggebers, Irrtum vorbehalten") - und das aus gutem Grund, wie ich aus eigener, langjähriger Erfahrung weis. Mündliche Zusicherungen sind in der Regel nur schwer beweisbar. Zudem steht in Hauskaufverträgen fast immer eine Klausel, die am Ende auf "gekauft wie gesehen" herausläuft.

Schon den Verkäufer damit konfrontiert?

Sasquatch
29.08.2012, 21:16
Da gibt es sicher spezialisierte Anwälte, die euch eine erste Auskunft geben können. U.U. deckt das sogar eine Rechtsschutz ab.
Trotzdem hat prenz Recht, fragt erstmal beim Verkäufer. Am besten mit nem Voicerekorder in der Hosentasche...

Tyson
29.08.2012, 21:30
Zudem steht in Hauskaufverträgen fast immer eine Klausel, die am Ende auf "gekauft wie gesehen" herausläuft.
Der vertragliche Ausschluss der Sachmängelgewährleistung greift aber nicht bei arglistig verschwiegenen Mängeln, § 444 BGB. MAngel ist dabei insb. die negative Abweichung von der vertraglich vereinbarten Sollbeschaffenheit.


Zur Sollbeschaffenheit der Kaufsache gehören nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB zudem die Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers oder der von ihm beauftragten Gehilfen erwarten darf, wozu auch die Angaben zur Nutzbarkeit eines Gebäudes in einem Exposé gehören (vgl. OLG Hamm, OLGR 2009, 161)
Die Entscheidung habe ich nicht nachgelesen. Mag sein, dass irgendwelche Feinheiten bei der Formuierung des Exposés eine Rolle spielen.

Weiter an selber Stelle:


Bei einem Verkauf eines Gebäudegrundstücks besteht eine Pflicht nur zur Offenbarung verborgener Mängel oder von Umständen, die nach der Erfahrung auf die Entstehung und Entwicklung bestimmter Mängel schließen lassen, wenn es sich um Umstände handelt, die für den Entschluss des Käufers von Bedeutung sind, insbesondere die beabsichtigte Nutzung erheblich zu mindern geeignet sind (Senat, Urteile vom 7. Juni 1978 V ZR 46/75, WM 1978, 1073, 1074 und vom 16. Juni 1989 – V ZR 74/88, Rn. 15, juris).
Insoweit also simpel. Relevant ist alles, was sich auf die Kaufentscheidung auswirkt - dazu gehört sicherlich auch die Frage, ob und wann die Heizung saniert werden muss.

Aber:

Bei den Mängeln, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind, besteht dagegen keine Offenbarungspflicht. Der Käufer kann insoweit eine Aufklärung nicht erwarten, weil er diese Mängel bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann

Maßgeblich sind also 2 Fragen: wie bindend ist die sanierte Heizung vereinbart bzw, wenn es mündlich war, bekommt ihr es bewiesen? Und: hättet ihr es bei der Besichtigung merken können/müssen?

Je nach Kosten, die Raume stehen, bestimmt genug Ansatzpunkte, um damit mal einen Fachanwalt für Baurecht aufzusuchen.
Gruß
TYSON

PS: Al - alles falsch. Heimlicher Mitschnitt bringt dir vor Gericht gar nichts (Verwertungsverbot) und in der Rechtsschutz ist regelmäßig alles ausgeschlossen, was mit Erwerb oder Bau von Immobilie zu tun hat.

prenz
30.08.2012, 07:42
Naja, Exposes sind halt so eine Sache. Ich habe ja schon mehrmals Immos gekauft, und zwei Dinge sind mir an dieser Papierverschmutzung unisono aufgefallen: Die eine Hälfte besteht aus diversen Disclaimern, und die andere Hälfte hat mit viel Glück wenigstens vage Ähnlichkeit zum zu verkaufenden Objekt - in gewisser Weise ähnelt das einem Reiseprospekt.

Zu OLG Hamm, OLGR 2009, 161 sollte man anmerken, das die zwar das Expose als bindend sehen (hier: Bj 1956 angegeben, tatsächlich Bj. 1913), aber nicht die Arglist als bewiesen gelten ließen und die Klage letztlich abwiesen (insgesamt ein schräges Urteil, das der BGH am Ende einkassierte). Für Stromii schöner zu lesen ist z.B. OLG Hamm 22 U 127/09 - ebenfalls abweichendes Hausbaujahr, aber hier Arglist bejaht. Außerdem würde in diesem konkreten Fall eine Berufung vermutlich in Hamm landen.

Ist aber trotzdem stochern im Nebel, weil wir da mangels Wissen der entscheidenden Details über viel zu viele Dinge spekulieren müssen. Wenn der Verkäufer treuherzig mit den Schultern zuckt und Stromii das wichtig ist, muß das eh ein Anwalt machen. Hier gehts ja wohl auch nicht um die komplette Rückabwicklung, sondern eher um einen neuen Heizkessel samt Einbau, da ist der Streitwert nicht ganz so hoch...

Tyson
30.08.2012, 17:32
insgesamt ein schräges Urteil, das der BGH am Ende einkassierte

Inwiefern "schräg"? Das OLG ist hinsichtlich der Arglist eben zu einem non liquet gekommen, was jetzt auch nicht soooo selten ist, da die Käufer für sämtliche Merkmale der arglistigen Täuschung beweisbelastet sind. Der BGH hat das Urteil auch "nur" dehalb aufgehoben, weil das OLG einen Sachverständigen als per se ungeeigneten Beweisantritt angesehen hat - der BGH hat um eine Ecke weiter gedacht und meint, der könne ja den Zustand bei/vor Vertragsschluss begutachten, was interessant für die Frage der Erkennbarkeit ist (in erster Linie für die Verkäufer, denn um etwas zu verschweigen, muss ich es natürlich überhaupt erstmal erkennen können - kann aber auch der Bumerang für die Käufer werden, wenn der SV zu dem Ergebnis kommt, der Mangel war sogar offenkundig und sie hätten ihn bei der Besichtigung merken müssen). Hinsichtlich der Frage der Bedeutung des Exposés liegt das OLG-Urteil voll auf der Linie, die Stromii "benötigt".

prenz
31.08.2012, 09:05
Dieses Urteil hilft in der konkreten Sache gar nicht weiter. Hier wird zwar gesagt, das Expose sei bindend - aber im Endeffekt hat das doch keine Auswirkung, weil die Arglist nicht bewiesen wurde und daher der Gewährleistungsausschluß des Kaufvertrages zog (was ich auch schon in #2 angedeutet habe, wie der Lauf der Dinge sich entwickeln könnte). Und: Rn41 führt doch die Bindewirkung eines (Makler-)exposes geradezu ad absurdum. Da gibt der VK auf einem Objektfragebogen 1956 an, weiß aber tatsächlich, das die Hütte 1913 ist. Gleichwohl hat er natürlich nicht die Aufnahme des falschen Baujahres in das Expose veranlasst - das Gegenteil ist ihm nicht nachzuweisen; der Makler stellt die Frage nach dem Baujahr sowieso nur zum Spaß.

W-mute
31.08.2012, 14:49
2 Juristen, 3 Meinungen? ;)

Gartek
31.08.2012, 15:34
Tja, das ist alles schon tückisch.
Kaufunterlagen zur 'aktuellen' Heizung gibt's auch nicht, denn mittlerweile haben wir herausgefunden, dass der Heizungstausch unter der Hand gelaufen ist, nachdem die ursprüngliche wohl 2009 ihren Geist aufgegeben hatte. Eine neue Heizung war dem Vorbesitzer wohl zu teuer und ein Kumpel aus dem Club (zufällig der Leiter des Heizungsbau-Unternehmens, das für die Wartung zuständig war) hat ihm dann wohl das alte Schätzken, das jetzt bei uns steht, relativ kulant in den Keller gepackt.
Immerhin, Messung ergab, dass momentan alles noch alles OK ist.

Als Sahnehäubchen haben wir dann jetzt auch herausgefunden, dass die Maklerin, die für den Verkauf zuständig war, jetzt den Vorbesitzer geheiratet hat... :confused:

goemichel
31.08.2012, 15:57
...ein Schelm, wer Böses dabei denkt....:evil:

prenz
31.08.2012, 17:14
Heizungstausch unter der Hand gelaufen ist
Na super, dann ist ja die mögliche Verteidigungslinie des VK schon abzusehen - "erneuert" wie in "Heizkessel ausgetauscht gegen anderes Gerät". Ich vermute mal, auf direkte Ansprache will er sich nicht zu dem Thema einlassen?


dass die Maklerin jetzt den Vorbesitzer geheiratet hat
Hat sie richtig gemacht - der hat ja jetzt Geld! :lol: (und im Ernst: das zum Verkaufszeitpunkt möglicherweise schon existente Verlöbnis hat keine Auswirkung auf die Provisionszahlung).

bnh
31.08.2012, 17:22
Höhö, jo... jetzt hat der Vorbesitzer noch knapp 5% mehr für seine Hütte bekommen ;)

Stromii
01.09.2012, 10:24
Nein - auf die Provision haben sie verzichtet. Immerhin.

Tyson
02.09.2012, 17:54
Hinweis: die nachfolgenden Ausführungen sind eher theoretischer Natur, da ich persönlich nicht davon ausgehe, dass man aus der Formulierung "2009 komplett erneuert" auch zwingend ableiten kann, dass der Stand der Technik 2009 vertraglich vereinbart ist bzw eine 2009 komplett neue Anlage (oder aber zumindest mehr als das, was 2009 tatsächlich gemacht wurde) geschuldet war. Die Erfolgsaussichten sind daher mE ziemlich geschmälert. Insoweit eher aus akademischem Interesse:


Dieses Urteil hilft in der konkreten Sache gar nicht weiter.
Verstehe ich nicht. Ernsthaft. Ich will auch darlegen warum: Ich vermute, du gehst vom Ergebnis aus: "Klage der Erwerber abgewiesen, also Urteil nicht hilfreich." Das ist aber zu kurz gedacht.

Um überhaupt irgendwelche Ansprüche gegen die Verkäufer zu haben, bräuchte man mal einen Mangel, vorliegend in Form einer fehlenden vereinbarten Beschaffenheit (Zustand der Heizungsanlage). Um dann auch noch einen Haftungsausschluss (den wir mal unterstellen) zu umgehen, bräuchte es nach § 444 BGB zusätzlich noch die arglistige Täuschung darüber. Letztere hat das OLG im Urteil vom 15.12.2008 in der Tat aus Beweislastgründen verneint. Jedenfalls aber handelt es sich um zwei eigenständige Anspruchsvoraussetzungen, die getrennt zu betrachten sind.


Hier wird zwar gesagt, das Expose sei bindend
Ja immerhin, sonst wäre die Prüfung an dieser Stelle schon zuende. Das hat schon das LG Dortmund vorher so gesehen, die Feststellung wurde von der Nichtzulassungsbeschwerde scheinbar nicht angegriffen und vom BGH in der anschließenden Entscheidung auch ansonsten nicht beanstandet. Auch in V ZR 18/11 zitiert der BGH just diese Entscheidung für die Auffassung, dass Exposés bindend sein können. Das andere Urteil aus Hamm sieht es genauso. Man könnte fast sagen: a.A. nur prenz in:
Angaben in Exposes sind normalerweise unverbindlich
Aber das Urteil, aus dem sich ergibt, dass überhaupt Ansprüche grundsätzlich bestehen können, "hilft in der konkreten Sache gar nicht weiter"? Interessant.


- aber im Endeffekt hat das doch keine Auswirkung, weil die Arglist nicht bewiesen wurde
Richtig, hinsichtlich der Arglist Beweislastentscheidung. Entweder der Verkäufer oder die Maklerin muss wohl gelogen haben, aber wenn man nicht weiß, wer, dann kann das Gericht eben nicht davon überzeugt sein, dass es der Verkäufer war, der arglistig gehandelt hat.


Und: Rn41 führt doch die Bindewirkung eines (Makler-)exposes geradezu ad absurdum.
Rn. 41 lautet jedenfalls unter http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2008/22_U_90_08urteil20081215.html schlicht "3.". Das ist nicht ergiebig.
Aber ansonsten: hä? Was hat denn die Bindungswirkung des Exposés mit der Frage zu tun, ob man dem Verkäufer arglistiges Verhalten nachweisen kann? Man stelle sich nur mal vor, es gibt keinen Gewährleistungsausschluss (OMG! Soll vorkommen.). Dann braucht man nur das Exposé (welches nach dem Urteil ja nunmal bindend sein soll), es kommt keine Arglist in die Quere, und schon ist alles geritzt. Ad absurdum? Eigenwillig.
Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der BGH auch diesen Punkt nicht beanstandet hat, sondern ausschließlich die Tatsache, dass das OLG den angebotenen Sachverständigenbeweises rechtsfehlerhaft als per se ungeeignetes Beweismittel angesehen hat.


Da gibt der VK auf einem Objektfragebogen 1956 an, weiß aber tatsächlich, das die Hütte 1913 ist. Gleichwohl hat er natürlich nicht die Aufnahme des falschen Baujahres in das Expose veranlasst - das Gegenteil ist ihm nicht nachzuweisen; der Makler stellt die Frage nach dem Baujahr sowieso nur zum Spaß.

Aah, du warst dabei und kannst deshalb streitigen Vortrag der Maklerin als bewiesen behandeln. Das ist aber ein wenig unfair, denn dann bist du dem OLG schon etwas voraus...

Gartek
02.09.2012, 18:09
Da der Verkäufer behauptet, er hätte uns gesagt, dass es 'nur' ein Austauschgerät war, würde jetzt sowieso Aussage gegen Aussage stehen. Momentan funktioniert die Heizung (denke ich) und der Schornsteinfeger war mit den Messwerten zufrieden, also können wir - außer der Vorspiegelung falscher Tatsachen - keinen Mangel geltend machen.
Das Haus werden wir deswegen sicher nicht wieder zurückgeben. Die Kosten für Anwalt, Gericht usw. würden am Ende sicher den Kaufpreis einer neuen Heizung übersteigen, von den Nerven mal ganz zu schweigen. (Verkäufer ist nämlich beruflich auch teilweise in Sachen Jura unterwegs - ich denke, wir würden da den Kürzeren ziehen.)

Letzten Endes ist es halt ärgerlich und mal wieder eine Lehre für's Leben und den nächsten Häuserkauf. Aber eigentlich planen wir gar nicht, noch mal ein Haus zu kaufen.

Vielleicht sollten wir das von hier an besser unter dem Zeiger-Thread betrachten.

Jedenfalls danke an alle für die Hinweise.